Das Konzept des ‚Zuhause‘ ist so vielfältig wie die Menschen selbst. Für einige ist es ein bestimmter Ort, ein Gebäude, ein vertrautes Zimmer. Für andere nimmt ‚Zuhause‘ eine ganz andere Bedeutung an.
Für mich war es lange schwierig, eine Antwort auf die Frage „woher kommst du?“ zu geben. Nicht im Sinne meiner Vorfahren, sondern im Sinne von „wo bist du aufgewachsen?“, „wo bist du wirklich Zuhause“. Durch die frühe Scheidung meiner Eltern bin ich oft umgezogen. Vom gemeinsamen Haus in eine Wohnung mit Mama, dann in eine weitere Wohnung, zu unserer neuen Familie, weiter in ein gemeinsames Haus und nachdem ich „mein Elternhaus“ dann fürs Studium verlassen habe, sind Mama und ihre Frau wieder zu meinen Großeltern gezogen, um sich zu verkleinern – wir Kinder hinterließen vier leere Zimmer. Also auch dieses Haus, welches mir noch am meisten ein Zuhause war – immerhin haben wir dort knapp 10 Jahre gelebt -, gibt es nun nicht mehr. Auch mein Papa hat mehrmals seinen Wohnsitz geändert. Mit dem Resultat, bei meinen anderen Großeltern eine feste und sichere Bleibe zu finden. Die Häuser meiner Großeltern waren für mich immer ein Zufluchtsort, aber nie MEIN Zuhause. Nun bin ich eine Weltreisende ohne festen Wohnsitz – wo ist mein Zuhause nun?
Durch die vielen Umzüge und meine Reisen habe ich gelernt, dass Zuhause weniger ein physischer Ort ist, sondern vielmehr ein Gefühl, eine emotionale Bindung. Es ist das Gefühl der Zugehörigkeit, der Sicherheit und des Friedens, das einen Ort – oder eine Person – zu unserem ‚Zuhause‘ macht. Ich habe meinen Herzensort in Graz gefunden – diese Stadt ist mein Safe-Space, meine Zuflucht, meine Sicherheit, hier leben meine Freunde und hier habe ich meine Große Liebe gefunden – und fragt mich auf Reisen nun jemand, woher ich bin, dann ist meine Antwort: Graz. Doch mein Zuhause ist es nicht. Genauso wenig ist Oberösterreich mein Zuhause. Es ist der Teil von Österreich, an dem ich bisher am längsten gewohnt habe, wo meine Familie lebt und wo ich geboren bin – hier komme ich her, aber zu Hause bin ich hier nicht.
Zuhause ist kein Ort, sondern eine Reise, ein fortwährendes Erleben und Entdecken.
Die Welt als Zuhause zu betrachten, öffnet eine Tür zu unendlichen Möglichkeiten. Jeder Sonnenaufgang in einem neuen Land, jede Begegnung mit einer fremden Kultur, jeder Moment des Staunens in der Natur erweitert die Definition von Zuhause. In diesem Sinne ist Zuhause kein Ort, sondern eine Reise, ein fortwährendes Erleben und Entdecken.
Diese Perspektive wirft allerdings auch Fragen auf. Braucht ein Mensch ein festes Zuhause? Ist es möglich, als Nomadin durch die Welt zu ziehen und sich dennoch überall zu Hause zu fühlen? Meine Erfahrungen sagen Ja. Die Bindung an Orte wird ersetzt durch Bindungen an Menschen, Erlebnisse und Erinnerungen. Jede Begegnung, jedes Lächeln, jede geteilte Geschichte macht die Welt ein Stück mehr zu meinem Zuhause.
Doch es gibt auch Momente des Zweifels. Wird das Zuhause vielleicht doch immer der Geburtsort sein, ein Ankerpunkt in einer sich ständig verändernden Welt? Dieser Ort, an dem die Wurzeln liegen, hat sicherlich eine unverkennbare Anziehungskraft. Doch für mich ist Zuhause da, wo mein Herz im Einklang mit meiner Umgebung schlägt – und das kann überall sein.
In der heutigen globalisierten Welt, in der Menschen oft zwischen verschiedenen Orten und Kulturen pendeln, wird das traditionelle Konzept des ‚Zuhause‘ neu definiert. Es wird fluider, persönlicher und reflektiert die Vielfalt unserer individuellen Lebenswege.
Abschließend bleibt die Frage: Brauchen wir ein festes Zuhause? Vielleicht. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht ist das Zuhause eine Sammlung von Momenten, Menschen und Orten, die uns prägen und begleiten, egal wohin wir gehen. Vielleicht ist es das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein, während wir durch die Welt reisen. ‚Zuhause‘ ist, wo wir uns verbunden, verstanden und angenommen fühlen – und das kann überall sein.